Rechtsabteilungen laden Kanzleien ein, um deren Leistungen nach kurzen Präsentationen zu vergleichen. 20 Jahre lang vergaben Unternehmen durch den beauty contest locker sechsstellige Honorare. Doch Kostendruck macht 2026 auch vor ihnen nicht halt.
Was hat sich geändert? Wie gewinnt man den Pitch trotzdem?
Der „Beauty Contest“ (das Wort „pitch“ wird synonym verwandt) ist der Wettbewerb mehrerer Kanzleien um ein meist zeitlich und finanziell umfängliches oder auch sehr spezialisiertes, in jedem Fall imageträchtiges Mandat.
Die Anfrager sind oft Rechtsabteilungen eines Konzerns auf der Suche nach quantitativer oder qualitativer Unterstützung oder auch mittelständische Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung, die vor einer großen Aufgabe stehen und ein juristisches Beraterteam brauchen.
Die erweiterte Definition umfasst im viel kleineren Bereich alle Situationen, in denen ein zukünftiger Mandant anruft, um Anwälte in ihren Leistungen zu vergleichen, bevor er das Mandat erteilt.
Die Methode ist – für beide Seiten – teuer, zeitaufwändig und vollkommen unsicher im Ergebnis.
Die telefonische Anfrage nach einem „Beauty Contest“ dauert im Regelfall zwischen 3 und 15 Minuten, die schriftliche per E-Mail oder Brief kann von vier Zeilen bis zu drei DIN-A-4 Seiten lang sein.
Manchmal stellen Rechtsabteilungsmitarbeiter den Kontakt her, manchmal treten diese gar nicht in Erscheinung.
Inhabergeführte Mittelständler melden sich entweder persönlich oder lassen durch ihren Geschäftsführer den Bedarf skizzieren.
Wer kann diese Superpräsentation, die manchmal nur 30 Minuten dauert, gewinnen?
Früher entschieden Deallisten, Marktreputation und (bis in die 2000er Jahre) sogar die schiere Kanzleigröße über Sieg und Niederlage im Pitch.
Heute werden auch vollends unbekannte Boutiquen eingladen (z.B. aufgrund eines Aufsatzes), und eher “weiche” Faktoren scheinen heute den Zuschlag zu begründen.
Jedenfalls zeigen Gewinnerkanzleien während der Präsentation eine
Den Flexiblen gehört die Welt. Kleine Kanzleien, die gegen die “großen” Mitbewerber bestehen wollen, nutzen angepasste Marktstrategien, um Eindruck auf den Anfrager zu machen.
Sie bieten
Die Anforderungen an die Präsentatoren werden faktisch schärfer, auch wenn sie “formell” zu sinken scheinen:
Heute traut sich kein Seniorpartner mehr, selbstgefällig ohne Punkt und Koma zu reden, als reines Männerteam zu erscheinen oder gar Junganwälten des eigenen Teams das Wort abzuschneiden.
Ein Erfolgsfaktor für den Sieg war unter anderem der Umgang mit den folgenden Faktoren. Anfrager aus Dax Unternehmen haben schon:
[1] Das ist selbstverständlich eine Folge langweiliger Präsentation
„Der Anfrager braucht normalerweise keine Beweise für unser Fach- und Branchenwissen; er will vor allem sicher sein, dass wir sein Vertrauen rechtfertigen.“ So skizziert ein Partner einer Großkanzlei die Notwendigkeit, sich auf den Anfrager einzustellen. Vorbereitung, so führt er weiter aus, sei dabei fast alles; suboptimal vorbereitet in einen Beauty Contest zu gehen, das bedeute reine Geldverschwendung.
Zur Vorbereitung gehören:
Anwälte visualisieren ungern. Das haben sie in der Universität gelernt.
Wenn ein Anwalt doch einmal sein eigenes Fachwissen visualisiert, schreibt er seine powerpoint Folien mit Worten voll.
Deshalb muss ihn jemand daran hindern, seine Visualisierung selbst, allein und ohne Training zu entwerfen.
Die Müdigkeit der Gewöhnung an fragwürdige Standards
Die Anfrager in einem beauty contest fangen (nach 20 Jahren übelster Egomanie-Erfahrung) schon an zu gähnen, wenn ein Anwalt seinen Computer einschaltet, statt den Anfrager anzuschauen und ihn reden zu lassen.
Präsentation ist visuell intolerabel mit viel zu viel unsortierten Details und
Kanzleipräsentationen werden daher im Vorweg oft lediglich als elektronisches Handout überreicht.
Dann wird der Wettbewerb untersucht:
Bei wichtigen Präsentationen trainiert das Team seinen Auftritt. Exakte Abläufe von Begrüßung bis zum Abschied werden nachgestellt, die Rollen der Teammitglieder festgelegt, der Moderatorenstatus[1] wird geprobt.
In Rollenspielen werden weitere Schwächen aufgedeckt und weitere Stärken ausgebaut, kritische Fragen werden beantwortet und ursprünglich eingeplante Folien werden in Anzahl der Worte und Anzahl der Folien um durchschnittlich 80 % reduziert.
Die Vorbereitungszeit kann bis zu 100x so lange dauern wie die Präsentation selbst.
[1] Der Senior moderiert das Gespräch, verteilt Redebeiträge und bringt selbst keinerlei inhaltliche Beiträge. Das ist für ihn extrem schwierig, denn er würde gern selbst inhaltlich reden. Das wiederum ist kontraproduktiv, denn die Kompetenzen des Seniors sind jedem Anfrager bekannt. Die Kanzlei punktet eher, wenn sie ihre jüngeren Anwälte ins rechte Licht rückt!
Anwälte erklären die Gegenleistung des Mandanten (Honorarinformation) klar, gern, angstfrei, rechtzeitig und vollständig. Das führt zu selbstverständlicher, rechtzeitiger und vollständiger Überweisung des Anwaltshonorars.
Mandanten-Veranstaltungen dienen der Akquisition, gehören zu den A-Aufgaben eines Anwalts und zu den teuersten aller Akquisemethoden. Vorbereitung ist alles. Erst nach dem Vortrag geht die Akquise los.
Journalisten sind Multiplikatoren. Begegnungen zwischen Anwälten und Journalisten sind dennoch oft suboptimal organsiert und durchgeführt. Ändern Sie das. Sprechen Sie Journalisten aktiv auf deren Nutzen an.
Kanzleimarketing setzt Kanzleistrategie um – und ist ohne sie machtlos. Erfolge stehen und fallen mit dem unbedingten Willen aller Handelnden, ein gemeinsam definiertes Kanzleizel wirklich zu erreichen.
Zahlreiche StartUps zur KI mischen mit technologiebasierten Geschäftsmodellen den Anwaltsmarkt erneut auf. Die teilautomatisierte Anwaltsleistung revolutioniert Kanzleiorganisation und sorgt für einen harten Wettbewerb.
Ein Mandantengespräch ist eine Inszenierung, bei der ein Profi mit einem Nicht-Profi über die juristische Lösung eines in aller Regel nicht als juristisch empfundenen Problems spricht. Ein Akquisetool mit viel (Fehler-) Potenzial.
Aus 100 befragten Rechtsabteilungen war in einer Befragung durch die Kanzlei Noerr 2024 noch zu hören, die Einführung von KI-Tools sei aus Sicht der Befragten “mit hohem Kostenaufwand verbunden“, vor allem müssten “viele Rechtsabteilungen noch massiv in Digitalisierung investieren” (nur 43 % der befragten Rechtsabteilungen sprächen sich selbst eine “digitale Reife” zu, lediglich 9 Prozent davon einen “hohen Digitalisierungsgrad”).
Erhebliche rechtliche Risiken seien damit verbunden, etwa in Bezug auf den “Datenschutz, den Schutz von Geschäftsgeheimnissen oder auch das Mandatsgeheimnis”.
Alle Ergebnisse aus 2024 sehen Sie hier.
Die beste Suchmaschinen-Optimierung und die professionellste, schnellste, aktuellste und inhaltsreichste Kanzleiwebseite können niemals langfristig sicherstellen, dass Ihre Webseite auf der Googletrefferliste Seite 1 landen / bleiben wird.
Anwaltsverzeichnisse, Presseportale und Rechtsportale ermöglichen oft eine effiziente Radiusakquise. Ihre SEO ist oft weit besser als die der Kanzlei. Nutzen Sie das.
Qualität führt zur Weiterempfehlung. Nur: Was versteht der Mandant unter Qualität – und was Sie? Wie steht es mit der Akquise-Qualität in Ihrer Kanzlei? Und nach welchen (Qualitäts-) Maßstäben suchen Sie Ihre Mandate und neuen Mandanten (aus)?
Die persönliche Reputation eines Anwalts ist oft wichtiger als die seiner Kanzlei (“peoples business”), jedenfalls für die Frage, wem der Mandant vertraut. Reputation entsteht nach außen durch Kanzleikultur nach innen, online auch durch Monitoring.
Kanzleien definieren zuerst ein Kanzleiziel, dann eine Strategie – und erst danach das notwendige Verhalten aller – durch Kanzleimarketing. Gut positionierte Kanzleien suchen sich ihre Mandanten(gruppen) aus – nicht umgekehrt.
Hass und Liebe zu dieser Akquisemethode liegen ebenso eng beieinander wie ihr nachgewiesener Erfolg und ihr nachgewiesener Misserfolg. Aus drei guten Gründen sollten Sie Telefonakquise unterlassen; aus zehn Gründen sollten Sie jetzt damit beginnen.
90 % aller “schwierigen” Mandanten werden durch ihren eigenen Anwalt erst richtig ätzend. Das liegt an gebrochenen Versprechen, unklarer Sprache und viel zu wenig Empathiebeweisen des Anwalts.
Etwa 80% der aktiv akquirierenden Anwälte jeder Kanzleigröße geben an, Vorträge zu Akquisezwecken zu halten. Das ist kein Zufall. Infotainment ist Trumpf, Begeisterung löst Lerneffekte und Weiterempfehlungslust beim Mandanten aus. Schlechte Redner gehören nicht auf eine Bühne!
Gute Werbung ist immer eine Investition mit Rendite, schlechte ist immer eine Ausgabe ohne Profit. Wirksame Werbemittel sind in Kanzleien selten. Werbung ist teuer, verfehlt oft die Zielgruppe und nervt das business development.
Ein Ziel ist das Gegenteil eines Wunsches: Folgenreich, nicht austauschbar und bis ins Detail für jeden Kanzleimitarbeiter konkret festgelegt. Persönliche Ziele mit Kanzleizielen zu koordinieren, das ist eine Maßnahme zur Mtarbeiterbindung.