Drei Gründe für den Mandantenweggang:
Manchmal liegt es am Anwalt
Häufig wurden Feedback-Systeme nicht als integraler Bestandteil der Kanzlei-Kultur eingeführt; der Anwalt fragt also aus strukturellen Gründen nicht nach der Zufriedenheit der Mandanten.
Statt weiter führenden Bedarf zu ermitteln, hält ein solcher Anwalt seine Arbeit nach Ende des Mandats für erledigt.
Manchmal fragt der Anwalt auch aus inhaltlichen Gründen nicht nach weiterem Bedarf oder Feedback, weil er
- keinen Cross Selling Bedarf sieht
- keine Lust auf den Mandanten hat
- seinen Arbeits-Schwerpunkt gewechselt hat
- sich aufgrund von Misserfolgen schämt.
Manchmal liegt es am Mandanten
Ehemalige Mandanten zurück zu holen ist schwierig (und bleibt manchmal unmöglich), wenn externe Faktoren im Umfeld des Mandanten eine weitere Kooperation verhindern: Umzug, Firmenfusionen, neue Geschäftsführer (bringen eigene Anwälte mit), Generationswechsel in Unternehmen, strategische Neuorientierungen oder Verlagerungen von Unternehmen im Zuge der Globalisierung können einen erheblichen Einfluss auf Anwaltswechsel haben.
Mandanten gehen, weil der Anwalt sie enttäuscht.
Das nimmt der Anwalt nicht an; er „gibt schließlich sein Bestes“.
Der Anwalt möchte den Weggang einfach nicht verantworten. Das ist dumm.
Denn dies ist seine einzige Möglichkeit, den Mandanten zurück zu gewinnen.
Was immer der Anwalt falsch gemacht haben könnte: Sobald er weiß, was es ist, kann er es nutzen, um den Kunden zurück zu holen.
Besiegen Sie Ihren „inneren Schweinehund“
Anwälte, die sich aufmachen, ihre ehemaligen Mandanten zurück zu gewinnen, haben oft einen besonders mächtigen Gegner besonders nah bei sich: es ist ihr innerer Schweinehund.
Der innere Schweinehund versucht, sich um jeden Preis um die eigene Verantwortung zu drücken, überträgt die Verantwortung für den Wechsel des Mandanten auf den Mandanten und entmachtet dadurch sein eigenes „Herrchen“.
Schweinehung und Anwalt übersehen gemeinsam gern, dass es einst der Mandant war, der sich für den Anwalt entschieden hatte.
Selbst wenn aus Mandantensicht etwas schief gelaufen ist, bestand einst ein Vertrauensverhältnis zu Ihnen – und Vertrauen ist die Grundlage aller Geschäfte.
Bleiben Sie verantwortlich
Wenn ein Mandant Sie verlässt, haben Sie ihn hoffentlich dazu veranlasst.
Dies klingt zunächst nicht wie eine besonders erfreuliche Mitteilung.
Deshalb überprüfen Sie doch einmal folgenden Gedankengang: Wären allein die Konjunktur, der neue Geschäftsführer, die Dumping-Preise Ihres Mitbewerbers, die Persönlichkeit Ihres Mandanten oder die wachsende Anwaltsdichte in Ihrer Stadt für den Weggang verantwortlich, hätten Sie keinerlei Spielraum für eigenes Handeln mehr, denn keinen dieser Faktoren werden Sie selbst und allein beeinflussen können.
Ermitteln Sie also stets, welchen Anteil Sie selbst am Weggang des Mandanten haben.
Wenn Sie nichts finden, fragen Sie Ihre Assistentin.
Sie finden immer etwas.
Passivität schadet
Ein unter Anwälten verbreitetes Denkmuster wie „Reisende soll man nicht aufhalten“ sorgt erst für jene Passivität, die Ihnen zwar subjektiv Entlastung („Den Nörgler bin ich los“), objektiv jedoch vor allem Umsatzeinbußen einbringt.
Manche dieser Denkmuster lähmen Ihre Eigenaktivität und verhindern fahrlässig jene analytische Haltung, für die Sie sonst gerühmt werden.
Auf diese Weise gefährden Sie unmittelbar Ihre Chefrolle.
Sie sehen die Rücklichter leider nicht nur von Ihrem frustrierten Mandanten, sondern auch von den durchschnittlich zehn (!) weiteren, potenziellen Mandanten, die er vor Ihnen gewarnt hat.
Sortieren Sie Ihre Mandanten
Nicht jeder Mandant „passt“ zu Ihnen und Ihrem Kanzleiziel. Das Segmentieren von Mandanten schützt Sie auch hier! Sortieren Sie: welche Ihrer ehemaligen Mandanten möchten Sie wieder zurückholen?
Machen Sie eine Liste!
Wenn ein Mandant Ihnen umsatz-, branchen- oder marketingrelevante Vorteile bringt, sollten Sie ihn in jedem Fall wieder gewinnen.
Umsatzvorteile bringt der mit dem Honorarvolumen X, Branchenvorteile bietet der, der exakt in das von Ihnen angepeilte oder bereits realisierte Portfolio passt.
Marketingvorteile bringt der, der für Sie Radiusarbeit betreiben kann und sich in für Sie relevanten Netzwerken oder social media Umgebungen aufhält.
Dokumentieren Sie Mandanten-Abschiede
Abgewanderte Mandanten müssen – ihre wichtige Rolle für die Kanzlei vorausgesetzt – systematisch registriert und unter eigenem Suchbegriff im CRM, besonders in der der Kundenkartei geführt werden.
Kanzleifehler, die zu ihrem Weggang führten, werden sofort behoben, denn sie sind gefährlich, sobald sie häufiger als einmal auftreten.
Entwickeln Sie eine in die Zukunft gerichtete Fehlerpolitik! Ermitteln Sie alle Fehler furchtlos, besonders Ihre eigenen.
Geben Sie sie ebenso furchtlos in der Kanzlei bekannt und verpflichten Sie alle Mitarbeiter sowie sich selbst, es in Zukunft besser zu machen.
Gehen Sie mit gutem Beispiel voran.
Dadurch flexibilisieren Sie Ihre Fehlerpolitik und machen Ihren Mitarbeitern Mut, eigene Fehler ebenfalls einzugestehen und selbst zu beheben.
Alarmzeichen
Analysieren Sie akribisch die Wechselgründe jedes Einzelnen und notieren Sie sie dazu. Ein Frühwarnsystem kann für Prophylaxe sorgen; ein Kontrollsystem überwacht den Umgang mit früheren Fehlern.
Mandanten, die unvermittelt mit alten Gewohnheiten brechen, sind ein schlechtes Zeichen.
Jemand, der sich nie meldete und nun zu „Telefonitis“ neigt oder umgekehrt: Mandanten, die zu „Telefonitis“ neigten und nun plötzlich gar nicht mehr von sich hören lassen, sind häufig in schwerer Sorge wegen der Qualität ihres Anwalts.
Beachten Sie solche Signale!
Auch Ihre eigenen Einwände zeigen: Sie sind mit der Sache befasst
Es wird sich weiter so anfühlen, als liefen Sie hinter dem Mandanten her. Sie haben Image-Beschwerden sich selbst gegenüber. Sie empfinden Ihre Selbstoffenbarung als „schleimig“ und die 90-Dezibel-Zwischenrufe Ihres inneren Schweinehundes als berechtigt („Du machst dich zum Gespött der Leute!“).
Doch Trost naht: Einwände zeigen Beteiligung an der Sache.
Beantworten Sie für sich selbst die Frage: „Was wird mir entgehen, wenn ich diesen Mandanten laufen lasse?“ Beherzigen Sie nach selbstkritischer Prüfung aller weiteren Aspekte stets die Binsenweisheit: „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat bereits verloren.“
Akzeptieren Sie externe Hindernisse – und bleiben Sie am Ball
Gemein: Externe Faktoren sind manchmal stärker als Sie. Wer höchste Bearbeitungs-Qualität liefert und alle Mandanten begeistert, kann sie dennoch verlieren.
Externe Faktoren wie Fusionen, Umzüge und neue Ansprechpartner sind das zweitgrößte Hindernis bei der Rückgewinnung von Mandanten.
Der Mandant war begeistert über die Arbeit seines Anwalts, und er ist es noch; plötzlich wird ihm – zeitgleich mit dem neuen Chef – auch ein neuer Rechtsberater „vor die Nase gesetzt“. Er muss sich fügen.
Hier ist der Anwalt leider nicht mit verantwortlich für den Wechsel seines Mandanten.
Der lange Atem
Nur wer einen suboptimalen Zustand mit verantwortet, kann ihn selbst und allein verändern. Besonders langer Atem ist hier gefragt. Nur besondere Kanzlei-Marketing Maßnahmen halten Sie im Gespräch. Diskutieren Sie solche Maßnahmen mit Ihren Kollegen.
Halten Sie auf jeden Fall regelmäßig Kontakt und docken Sie auch im Umfeld des Ex-Mandanten (Lieferanten, Gegner, Nachbarn, Konkurrenten, Kollegen etc.) mit Angeboten an.
Unter Umständen müssen Sie ihn und seine Umgebung zwei Jahre lang unbeirrt zu Ihren Vorträgen und In-House Veranstaltungen einladen und persönlich ab und zu anrufen, um sich unverbindlich durch einen „kleinen, frischen Aufsatz“ zu einer sehr frischen Rechtslage im Gespräch zu halten.
Übersenden Sie diesen Aufsatz per E-Mail während Ihres Telefonats. Machen Sie Eindruck.
Handeln Sie schneller als seine derzeitigen Anwälte!
Die Zeit ist anstrengend, bis er wieder ein „Testmandat“ vergibt.
Falls das geschieht, wissen Sie: Er hat selbst lange gebraucht, sich in seiner neuen Umgebung durchzusetzen.
Danken Sie ihm das!
Schätzen Sie seine Minisignale und geben Sie immer wieder Ihre.
Mandantenrückgewinnung am Telefon
Eine erfolgreiche Akquise in die Zeitzone Vergangenheit durch ein Telefonat („warm call“) ist proaktiv, erfordert Mut, berücksichtigt alle drei Zeitzonen und besteht aus acht Schritten.
Falls Sie diese Methode in Erwägung ziehen, hier zunächst zwei Warnungen vorweg:
Warnung 1:
Wer langatmig telefoniert und dabei kurzatmig ist (oder aus Nervosität wird), sollte das Telefonieren zu Akquisezwecken generell unterlassen. Jede der beiden Angewohnheiten wirkt bedürftig und unsicher; gemeinsam sind diese beiden unausstehlich!
Warnung 2:
Ihr Fuß in der Tür sichert nicht die geöffnete Tür! Selbst wenn Sie proaktiv Kontakt aufgenommen haben und selbst wenn Ihr ehemaliger Mandant erneut zu einem Kontakt bereit ist und sogar, wenn er sich durch Sie zum Lunch einladen lässt: das heißt noch gar nichts: Sie werden weiter werben müssen.
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