Gründe
Etwa neun von zehn Anwälten (alle Zitate aus eigener Befragung) vernachlässigen Cross Selling und geben dafür folgende Gründe an:
- Versicherungsvertreter
Sie haben Angst davor, wie ein Versicherungsvertreter zu wirken: „Billige Geldschneiderei“, „Meine Mandanten wissen selber, was sie brauchen“
- Anbiederung
Sie befürchten „Anbiederung“ kombiniert mit dem Eindruck bevorstehenden sozialen Abstiegs: „Der hat es ja wohl nötig“.
- Egoismus
Sie agieren egoistisch und befürchten Imageverlust, wenn sie den Mandanten an einen Kollegen „abgeben
- Inkompetenz
Sie befürchten, inkompetent zu wirken, wenn sie überhaupt einen Kollegen hinzu ziehen.
- Delegations-Furcht
Sie geben generell ungern ab und befürchten „schlechte Arbeit der Kollegen. Das fällt auf mich zurück!“
- Kontroll-Furcht
fürchten Qualitätskontrollen Kollegen gegenüber: Sie werden „als Misstrauensvotum gewertet, gelten als inhaltlich schwierig und als psychologisch peinlich“.
- Rhetorik
Sie haben nicht genug rhetorische Methoden, um den Bedarf des Mandanten unaufdringlich bewusst zu machen oder neu zu schaffen
- Unaufmerksamkeit
Sie hören nicht gut zu; sie bemerken angedeuteten, weiter führenden Bedarf während der Abwicklung des Erstmandats nicht.
- Falscher Fokus
Sie wollen bewusst „das Hauptthema nicht stören“ und „vergessen“ dann die Paraphrase des Folgethemas am Schluss des Gesprächs oder Mandats.
- Zeitnot
Sie geben gern Zeitprobleme an: „Zu viele Akten auf dem Tisch; da kann ich nicht noch überlegen, mit wem ich ein Plauderstündchen einlege!“
- Fehlende Anerkennung
Sie bewerten selbst das Image des Jägers (neu akquiriertes Mandat) höher als das Image des Hegers (erweitertes bestehendes Mandat)
- Ungünstige Entnahmeregeln
In Großkanzleien würdigen durch ihre Entnahmepolitik erweiterte Mandate nicht gleichrangig mit neuen Mandaten: „Etat what you kill“ honoriert die Neuakquise und verhindert das „Weiterreichen“ von Mandanten an andere Abteilungen bzw. Anwälte; ein lockstep-System würde ebenso wie die „proliferation fee“ das cross-selling befördern.
- Datenbank ungepflegt
Sie pflegen ihre Datenbanken nicht oder haben gar keine (kommt auf dasselbe raus!)
- Aufwand
Sie bezeichnen das Abschlussgespräch zur ruhigen und eleganten Einleitung eines weiter führenden Mandates als „zu teuer“, „zu aufwändig“, „zu viele, kleine Mandate“, „Mandant geographisch zu weit entfernt“ etc. Daher fehlt die Chance der eleganten Einleitung eines „cross selling“
- Lauwarmes Bier
Geschäfts-Mandanten sind oft in benachbarten Rechtsbereichen bereits durch Kollegen anderer Kanzleien beraten. Ein weiter führendes Angebot in dieser Situation „fühlt sich doch an wie lauwarmes Bier!“ und wie eine „Einmischung in die Mandantenbeziehungen von Kollegen“.
Cross-Selling vor Mandatsbeginn
Wer Festpreise – z.B. in „Anwalt.de“ – eingestellt hat, gibt zum Ankreuzen bekannt, welche Teile des Mandats keinesfalls ein Festpreis sein können.
Das löst beim Mandanten eine innere Gewichtung unterschiedlicher Mandatsteile aus und stärkt sein Vertrauen darin, dass der Anwalt lediglich werthaltige – und eben nicht standardisierbare – Mandatsteile mit seinem normalen Stundensatz berechnet.
Das „frühe Kompetenzerlebnis“
Auch die Frage am Ende des Kontaktformulars, ob „Einladungen zu kostenlosen Vorträgen“ gewünscht werden (Liste dazu legen), ist notwendig, um das Interesse auf weitere Themen zu lenken, damit der noch unbekannte Mandant ein Kompetenzerlebnis hat.