Sieben Fauxpas in der Kommunikation von Junganwälten
(Alle Lösungen im Aufsatz)
1. Mandantengespräch
Der Mandant sitzt vor Ihnen und Sie legen los: „Was kann ich für Sie tun?“ Sie schauen während der Schilderung den Sprecher an, runzeln die Stirn, schütteln den Kopf und unterbrechen Sie ihn:
Kommentar:
Eine ruppige und selbstgefällige Inszenierung. Mandantengespräche sind Akquisitionsveranstaltungen. Kunden gewinnen und halten Sie nicht durch die Sache, sondern durch das Gefühl des Vertrauens, das Sie beim Mandanten hervorrufen
2. Mitarbeiterführung
Zu wenig konstruktive Kritik, viel zu wenig Lob! Ihre Mitarbeiterin ist in dieser Woche zum zweiten Mal zu spät gekommen.
Sie sprechen sie auf dem Flur zwischen zwei Mandantengesprächen darauf an und sagen: „So geht das aber nicht. Sie sind nicht so zuverlässig wie wir am Anfang dachten. Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie dadurch alles durcheinander bringen? Wenn das noch mal passiert, müssen wir die Konsequenzen tragen.“
Kommentar:
Destruktive Generalisierungen und unklare Anweisungen ruinieren Atmosphäre und Motivation! Es ist allein Chefsache, die Mitarbeiterin (zu Pünktlichkeit, Eigeninitiative, Lösungsorientierung etc.) zu BEWEGEN. Motivation fehlt niemals generell.
3. Selbstmanagement
Eine Fachanwältin für Arbeitsrecht in einer Kleinstadt hat 5 Jahre Berufserfahrung. Sie ist aus einer Einzel-Kanzlei vor einem Jahr als jüngste und als einzige Frau in die jetzige arbeitsrechtlich spezialisierte Kanzlei gekommen. Ihre drei männlichen Kollegen haben traditionell die „lohnenden Mandate“ (Zitat).Alle drei Arbeitsrechts-Kollegen beraten und vertreten mittelständische Unternehmer, obwohl einer von ihnen „nicht einmal Fachanwalt ist“ (Zitat).
Kommentar:
Wenn Sie ohne Ziel aus dem Haus gehen, dürfen Sie sich nicht wundern, wo Sie ankommen!
Haben Sie eigentlich sich schon einmal klar gemacht, dass Sie jeden Morgen alle Begleitumstände Ihres kommenden Tages selbst wählen? Wohin Sie gehen? Mit wem? Welchen Beruf Sie heute ausüben wollen? Und wie Sie das heute tun? Und warum Sie das tun? Mit wem Sie streiten? Mit wem Sie sich vertragen? Mit wem Sie lachen? Wen Sie anschweigen? Welche Fähigkeiten Sie heute nicht zeigen? Welche dagegen im Überfluss? Was Sie über Ihren Kollegen und sich heute denken? Wann und wohin und mit wem Sie zurückkehren? Und wozu? Und was in der Zwischenzeit mit und in Ihnen passiert?
Nicht immer ist Ihre Wahl bewusst getroffen. Doch was ändert das schon? Auch wer wiederkehrenden Frust oder unwiderstehlich charmante Glückssituationen unbewusst produziert, produziert sie.
Der Wirkung ist es immer gleichgültig, ob Sie sie bewusst oder unbewusst herbei führen!
4. Akquisition
Sie sitzen erstmals einem Interessenten gegenüber, den Sie in Ihrem Tennisclub kennen gelernt haben. Beim Bier hatte er angedeutet, in seiner Tischlerei nicht weiter zu wissen. Die Auftragslage sei seit Jahresbeginn schlecht, und vermutlich müssten zwei seiner fünf Mitarbeiter das Unternehmen verlassen.
Sie schildern ihm nun im Erstgespräch, worauf Unternehmer im Arbeitsrecht achten müssen. Sie schildern alle Eventualitäten. Sie sparen nicht mit Warnungen.
- Sie sagen, was alles schief gehen kann. Sie gratulieren ihm, dass er wenigstens keinen Betriebsrat hat.
- Sie schildern drei andere Fälle, in denen Sie erfolgreich waren. Sie erklären, dass Sie als Fachmann schon wissen, wie es geht und dass er sich keine Sorgen machen muss.
- Sie leiten die Honorarfrage ein mit „jetzt müssen wir noch über’s Geld reden“. Sie erläutern, worauf er besonders achten muss.
- Als er nach Ihrem neun-minütigen Monolog endlich selbst zu Wort kommt, sagt er: „Ich überleg es mir“ und steht auf.
- Sie rufen gerade noch hinterher: „Viel Zeit haben Sie aber nicht mehr!“ und denken, als er weg ist:
- „Merkwürdig, wenn er ein Problem hat, sollte er es doch lösen wollen!“
Kommentar:
Akquisition misslingt durch die unaufhaltsame Absonderung unbestreitbaren Wissens; sie gelingt durch die zurückhaltende Empathie gegenüber dem Probleminhaber!
Anwälte reden zu viel und fragen zu wenig. Sie bilden sich ein, dass Fachwissen zur Überzeugung neuer Klienten ausreichen könnte.
Alle Akquisitionsstrategien sind trainierbar – nur die wichtigste nicht: der Wille
5. Einwandbehandlung
Anwälte fürchten Einwände, statt sie zu nutzen. Der Mandant sagt im Gerichtsflur zu Ihrem größten Entsetzen: „Sie haben sich nicht genug für mich eingesetzt“. Sie antworten ihm mit zehn sprachlichen Möglichkeiten, diesen kleinen Konflikt zu einem Krieg auszuweiten:
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- Verharmlosung: „Immerhin haben wir doch das Geld.“
- Verschiebung: „Das Gericht hat da eine Rechtsauffassung vertreten.“
- Gegenangriff: „Das können Sie schlecht beurteilen.“
- Rechtfertigung: „Ich kam ja nicht zum Zug; bei dem Richter.“
- Zurechtweisung: „Das war doch Teil unserer Strategie.“
- Übergehen: „Die jetzt notwendigen Schritte wären…“
- Ablenkung: „Wenn Sie mich fragen, es wäre jetzt am besten,…“
- Vortrag: „Sind Sie sich darüber im klaren, dass …“
- Sarkasmus: „Dann machen wir’s beim nächsten Mal besser.“
- Opferstatus: „Wie man es auch macht; es ist immer falsch.“
Kommentar:
Destruktiv wirkende Reaktionen verschlimmern den Konflikt; die stammhirnlichen Impulse Flucht und Kampf werden zuverlässig verstärkt durch aggressiv oder unterwürfig wirkende Szenarien. Attacken, Einwände und Widerständegehören zu Ihrem Alltag wie das Salz zur Suppe.
Ihre Aufgabe: sie zu nutzen, indem Sie sie neutralisieren.
6. Kleidung
Sie sind der neue Insolvenzberater eines Hamburger mittelständischen Umzugsunternehmens und halten Ihren Antritts-Vortrag vor 80 von der drohenden Insolvenz betroffenen gewerblichen Mitarbeitern eines Familiengeführten Umzugunternehmens.
Diese tragen gewöhnlich 80 kg schwere Kartons, Sie dagegen – motiviert von Ihrer Gewohnheit, besonders überzeugend wirken zu wollen – tragen Ihren dreiteiligen Anzug, Einstecktuch, Krawatte und handgenähte Schuhe.
Kommentar:
Inkongruente Non-Sprachen machen kongruente Sprachen sehr schwierig. Was immer Sie durch Ihre Kleidung ausdrücken WOLLEN, ist unerheblich. Erheblich ist, was Sie dadurch FAKTISCH ausdrücken.
7. Mandantenveranstaltungen
Mandantenveranstaltung in Ihrem Haus. Ihr Chef hat gerade einen Vortrag gehalten. Small-talk, finger-food, Sekt an Stehtischen im Foyer Ihrer Kanzlei.
Sie stehen in einer Gruppe mit Ihren Kollegen, haben Sekt in der Hand und unterhalten sich über Ihren Ski-Ausflug am letzten Wochenende.
Drüben entdecken Sie zwei Ihnen unbekannte Herren, die gewiss nachher mit Ihrem Chef sprechen wollen.
Sie freuen sich über das ungestörte Bier mit Ihren Kollegen.
Kommentar:
Eine selbstgefällig und arrogante Inszenierung, wenn Sie und Ihre Kollegen lachend in der Ecke stehen und die Gäste nicht oder unzureichend begrüßen und begleiten.
In dieser Kanzlei wird Geld nicht investiert sondern ausgegeben!