Businessplan geschrieben? Kredit bewilligt? Räume gefunden? Bravo! Jetzt geht endlich Ihre Arbeit los. Vor Ihnen liegt nun ein Entscheidungsmarathon olympischen Ausmaßes.
Wussten Sie schon, dass Ihre wichtigsten Entscheidungen durch Sie selbst NICHT als eigene Entscheidungen wahrgenommen werden?
Für Junganwälte, die eine Kanzlei gründen möchten, kommen hier sieben Selbstmanagement-Lektionen.
Das wichtigste aller Geschäftsfelder ist (und bleibt bis in Ihr hohes Alter) das Areal zwischen Ihren Ohren.
Der Wettbewerb im Anwaltsmarkt ist für Junganwälte unbestritten hart, Ihre Erst-Orientierung ist entweder durch Wankelmut oder durch die trügerische Sicherheit der Kanzlei Ihrer Eltern bestimmt, und der Blick auf’s Konto lässt Ihnen anfangs Tag und Nacht keine Ruhe.
“Ich will mehr Umsatz.” Ach wirklich? Wünsche klingen toll, sind austauschbar und komplett folgenlos. Ziele dagegen sind definiert, immobil, richtig anstrengend – und oft auch konfliktträchtig: Ziele verteilen Aufgaben an alle, beenden geschmäcklerisch motivierte Alleingänge Einzelner und legen bis ins Detail für alle in der Kanzlei verbindliche Verhaltensweisen fest.
Der Wille ist die wichtigste, tollkühnste und folgenreichste Erfindung seit der Erfindung des Rades. Er ist sogar so dominant, dass man ihn nicht trainieren kann.
Sie rufen den Mandanten nicht zurück? Das zeigt Ihren persönlichen Willen, das nicht zu tun.
Sie vermeiden klare und konsistente Anweisungen an Ihre Mitarbeiter? Das zeigt Ihren persönlichen Unwillen zu führen.
Sie brechen Versprechen Mandanten gegenüber? Das zeigt Ihre persönliche Geringschätzung dem Kunden gegenüber (obwohl der Ihren Urlaub bezahlt).
Manche Junganwälte begeben sich mit dem Rechtsgebiet „Familienrecht“ in den Stadtteil X, in dem schon 17 andere Kollegen dasselbe Rechtsgebiet bearbeiten und wundern sich jahrelang über zu wenig Umsatz.
Andere glauben, “hier auf dem Land” würden “solche Honorare” nicht gezahlt und wundern sich, dass sie nach 11 Jahren immer noch nicht auf einen grünen Zweig kommen.
Jammern fällt aus! Der folgende Dreierschritt ist ein Denk- und Handlungsmuster vieler erfolgreicher Menschen und wird Ihnen behilflich sein, echte “Macht“ über sich selbst und Ihre Umgebung zu gewinnen, zu halten oder sogar zu erhöhen:
Akzeptieren Sie, was um Sie herum ist. Sie haben es mit erschaffen. Stehen Sie dazu. (Beispiel: Ich habe durch massive Akquise-Anstrengungen nun erstmals einen Vortrag zu halten vor 26 anspruchsvollen Gästen. Ich bin so total nervös. Diese Nervosität zeigt ja bereits meinen Erfolg: Ich habe selbst diese großartige Chance erarbeitet).
Verlassen Sie den jetzigen Zusammenhang. Lernen Sie aus ihm. Schaffen Sie Neues. (Beispiel: Ich habe vieles versucht, um mit meinen Partnern auf eine Linie zu kommen, was die pro-aktive Akquise angeht. Wir haben lange diskutiert, und es hat nur meine Energie gekostet. Da es mir so wichtig ist, werde ich nun die Kanzlei verlassen und mich selbständig machen).
Ändern Sie den jetzigen Zusammenhang. Lernen Sie aus dem, was ist. Bauen Sie darauf auf. (Beispiel: Wir haben immer wieder Ärger, weil einer unserer Sozien darauf beharrt, unrentable Fälle nach RVG abzurechnen. In seinem Büro stapeln sich die Akten; er hat durchschnittlich drei Beschwerdeanrufe pro Tag wegen nicht gehaltener Versprechen. Er behindert inzwischen unser Marketing. Morgen stellen wir ihn vor die Alternative zu gehen oder sofort sein Verhalten für immer zu ändern).
Ein Lenker, der in seiner Führungsrolle nicht denkt, ist ebenso ineffizient wie ein Denker, der in seiner Führungsrolle nicht lenkt.
Erfolgreiche anwaltliche Akquisiteure haben ein konkretes Ziel und kennen keine Angst vor einem „Nein“. Sie gehen auf Mandantengruppen zu und schaffen deren Bedarf, statt auf ihn zu warten.
Erfolgreiche Akquisiteure verwenden dazu pro-aktive Denkmuster (Tabelle rechts):
Etwa 10 Rollen bekleidet jeder Anwalt täglich in seinem Arbeitsalltag, ohne jemals zu schauspielern.
Darunter sind gelernte Berufsrollen, die er weitgehend beherrscht (Paragraphenkenner, Gerichtsguru, Fallstratege) und ungelernte Unternehmerrollen, an denen er stets verzweifelt (Chef, Akquisiteur, Marktstratege) und in Zeitnot gerät.
Anwaltstypisch ist die arbeitsplatzgefährdende Kombination aus Hierarchiefurcht und dem Diktum der “Individualität“. Letztere werde angeblich gefährdet, wenn ein (Gott bewahre!) externer Geschäftsführer die Geschicke der Kanzlei leiten würde. Sich anderen zu unterwerfen? DAFÜR hatte man schließlich nicht so lange studiert!
Fazit: Alle Gründer müssen Unternehmerrollen (in der Tabelle links) dringend entwickeln.
Vor allem das lockere Jonglieren mit Zahlen, angepeilten Entnahmen, bezifferten Kostenquoten und der daraus berechneten Höhe der Mindest-Stundensätze, das ist vielen Anwälten bislang ein Dorn im Auge.